Kunst im Wohnzimmer Januar 2024
Erika Korn: Kunst kann sowohl persönlich als auch politisch sein
Erika Korn vor einer Arbeit von Ewald Olszewski, „fliegende Störche“, aus den 1920er Jahren
Erika Korn ist sehr entschieden, was die Auswahl des
Kunstwerkes angeht, über das sie erzählen möchte. Obwohl es ein paar Originale
in ihrer Wohnung gibt, muss es zwingend der Druck von Ewald Olszewski sein und
engagiert erklärt sie auch direkt, warum. „Die Kunst im Wohnzimmer Serie sah
ich als DIE Möglichkeit an, meine Geschichte zu diesem Bild zu erzählen, sie
ist nämlich sowohl privat als auch politisch interessant“, beginnt sie.
Tatsächlich handelt es sich bei dem Aquarellmaler, der vielen als „der
Vogelmaler“ bekannt sein dürfte, um ihren Großonkel. „Er war gern auf dem Darß
und fasziniert von der weiten Landschaft dort im Norden“, berichtet Korn. Sie
selbst besuchte vor ein paar Jahren diese Halbinsel an der Ostsee und erkannte bei
einem Spaziergang das Motiv auf dem Bild „fliegende Störche“, wieder: „Das war
ein besonderer Moment“ Olszewski hat immer gern in der Natur gemalt und ganz besonders
gern Vögel, von diesen Tieren war er begeistert.“
Seiner Nichte, Erika Korns Mutter Inge, schenkte der
Maler zur Konfirmation ein Original, inklusive einer Widmung in bemerkenswert
schöner Handschrift. Das war 1929. „Dieses Bild mit dem Titel „fliegende
Störche“ hat eine bemerkenswerte Geschichte hinter sich“, erzählt Korn weiter,
denn natürlich hatte ihre Mutter diese Arbeit mit in das neue Heim mit ihrem
Mann genommen, doch ließ sie es bei ihrer Flucht aus der DDR 1954 zurück.
Sämtliches Hab und Gut blieb bei ihrer Schwägerin, einer Krankenschwester, die wiederum
die Patentante von Erika Korn war. Beide Frauen blieben in Kontakt, auch noch,
als Erika Korn bereits in Konstanz wohnte. „Ich erinnere mich, dass wir 1975
wie jedes Weihnachten ein Päckchen von meiner Patentante erhielten und wie
immer gab es die obligatorische Inhaltsangabe. Die darin genannten „Klapperstörche“
erklärten sich mir erst auf dem zweiten Blick. Nach einer umfangreichen
Untersuchung des Kartons stellten wir einen doppelten Boden im Karton fest und
registrierten, dass die Patentante das Originalbild „fliegende Störche“
hineingelegt hatte. Als wir es neugerahmt meiner Mutter überreichten, war diese
natürlich außer sich vor Freude. Nach ihrem Tod ging das Original an meinen
jüngsten Bruder über, ich aber bekam die einzige davon angefertigte Kopie als
hochwertigen Druck, die seither in meinem Wohnzimmer hängt. Diese Arbeit ist
für mich zum Einen ein Stück Familiengeschichte, zum Anderen ein wichtiges
Stück deutsche Geschichte. Heute ist mir klar, dass sich meine Patentante zu
der Zeit einer großen Gefahr ausgesetzt hatte, denn derlei Dinge zu verschicken
war strengstens verboten zu Zeiten von DDR und BRD.“
@Jana Mantel / textkunstraum.blogspot.com – Januar 2024
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